Traumafokus® (TF) Psychotherapie
zur Regulation von Stress, Trauma und chronischem Schmerz

ISBN 978-3-7089-2145-7 (Taschenbuch)    ISBN: 978-3-99111-375-1 (E-Book)

Hörprobe zum Buch:      

Wozu dient Traumafokus?

Traumafokus® ist eine tiefenpsychologische und körperorientierte Methode zur Verarbeitung von chronischen Stresserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen und Schmerzerkrankungen. Es ermöglicht eine spontane, unmittelbare Verarbeitung traumatischer Belastungen im Gehirn, ohne dass Erinnerungen bewusst abrufbar sein müssen. Zu Beginn einer Behandlung mit Traumafokus entsteht mithilfe beobachtbarer natürlicher Augenpositionen einer Klientin eine unbewusste, innere Fokussierung auf das zu verarbeitende Thema. Der zu verarbeitende Stress wird im Gehirn reaktiviert und zur Verarbeitung freigegeben. Während einer Stressaktivierung ändert sich die unwillkürliche Atmung, die mit Traumafokus bewusst genutzt wird zur Stressregulierung in Gehirn und Körper. Je nachdem wo die Klientin hinschaut, wird das belastende Thema im Körper stärker oder schwächer wahrgenommen. 

Was sind unwillkürliche Blickrichtungen?

Wenn wir über etwas mit jemandem sprechen, rechnen, nachdenken, uns etwas nicht einfällt beim Sprechen, hat der Mensch jeweils unwillkürliche Augenpositionen, die unsystematisch im Raum sind. Das heisst, wir akkommodieren dabei nicht, sondern schauen dabei ins Leere. Ebensolche Augenpositionen haben wir, wenn wir über ein traumatisches Ereignis sprechen. Wir rufen Erinnerungsspeicher im Gehirn ab.
Eine Augenposition für ein traumatisch belastetes Thema kann dadurch gefunden werden, wo eine Klientin am häufigsten hinschaut, während sie über ein Trauma spricht. Wir beobachten genau, wo sie hinschaut. Dies ist der optimale Augenfokus für eine Trauma Verarbeitung. Das explizit bewusste Nutzen solcher Blickrichtungen hat immer eine verstärkende Wirkung auf auftauchende Inhalte während der Verarbeitung. Insbesondere nutzen wir dieses Phänomen bei selbstgefundenen, seelischen Ressourcen.

Wie läuft eine Traumafokus Sitzung ab?

Entscheidend für eine effektive Sitzung ist das genaue, ruhige Beobachten auftauchender Phänomene bei einer Klientin, insbesondere ein verändertes Atemmuster und unwillkürliche Blickrichtungen im Raum. Ist ein solcher Augenfokus einmal gefunden, können leichte Körpersensationen, Emotionen oder unbewusste Erinnerungen oder Bilder auftauchen, welche nicht mit dem Bewusstsein gekoppelt sind. Über unser Sehen, Hören, Spüren, Riechen, Schmecken also über unsere Sinne nehmen wir körperlich unsere Umwelt wahr. Ein Gefühl innerer Ohnmacht können wir körperlich ebenso wahrnehmen wie Angst oder Hunger und daher im Körper verorten. Wenn die Therapeutin fragt: "wo spüren Sie das im Körper" kann das die Klientin klar beantworten; die therapeutische Nutzung eines Felt Sense wurde schon in den Sechziger Jahren von Gendlin beschrieben.Über den Felt Sense, einer bewusst kontrollierten Atmung und einem beobachteten Augenfokus werden unverarbeitbare Inhalte in einen neuen Kontext gebracht. Dies ist dann am Effektivsten, wenn der Gegenwartsbezug für die Klientin spürbar und sicher erscheint.
Um eine physiologische und damit emotionale Beruhigung herbeizuführen, bedarf es einem vertieften Verständnis der sogenannten Polyvagaltheorie, die sich mit dem autonomen Nervensystem des Vagus beschäftigt, dessen Begründer der amerikanische Neurowissenschafter Stephen Porges ist. Unsere Atmung steuert das autonome Nervensystem sowohl im Gehirn als auch im Körper.
Mithilfe einer angeleiteten "freundlichen, tiefen und langsamen Atmung" kann eine Beruhigung und Gefühl der Sicherheit währenddessen aufrechterhalten bleiben. Menschen, die unter einem Trauma leiden, haben im Gehirn stets gespeichert: "die Umgebung ist gefährlich oder sogar lebensbedrohlich". Dabei kann der eigene Verstand nichts daran ändern. Und darunter leiden viele Menschen manchmal jahrzehntelang, weil sie sich selbst dauerhaft nicht beruhigen können.

Zur "limbischen" Selbsteinschätzung des traumatischen Stresses

Die Klientin kommt durch diese bewusste Atemtechnik in einen Zustand, ohne dem aktuellen, psychischen Stress ausgeliefert zu sein. Wir verwenden dazu während einer Sitzung eine spezielle analoge Farbskala mit einem Schieber. Diese Skala eignet sich gut, um die Klientin intuitiv einschätzen zu lassen, wie der Stress oder die Angst oder eine Schmerzintensität verändert. In unseren Fortbildungsseminaren stellen wir diese Farbskala den Teilnehmern während des Seminars zur Verfügung. Farbskalen eignen sich viel besser als numerische Skalen, wieweit wir sie aus der Forschung kennen. Der Klient muss dadurch nicht mehr kognitiv umschalten.

Zur Schmerztherapie mit Schmerzfokus

In jedem chronischem Schmerz wohnt eine subjektive, unbewusste Schmerzgeschichte inne. Bei der Schmerztherapie mit Schmerzfokus beziehungsweise Painspotting® (engl. Bezeichnung) verwenden wir die 11-stufige sogenannte Numerische Rating Skala (NRS) zur subjektiven Schmerzeinschätzung , da sie sowohl der Klientin als auch der Therapeutin eine genaue Angabe eines subjektiven Schmerzes an einer bestimmten Stelle im Körper anzeigt. Wir verwenden spezielle Felt Sense Techniken zur Schmerzverarbeitung und eine von Thomas Weber entwickelte manuelle Körperinterventions-Technik (MKT) an den stark schmerzenden Stellen zur Schmerzauflösung.

Optimale Regulierung des Nervensystems mit Traumafokus

Traumafokus® (TF) ist ein hochwirksamer neuro-psychotherapeutischer Ansatz, bei dem eine vollständige Auflösung von psychischem und physisch chronischem Stress möglich geworden ist; sogar dann, wenn belastende Erfahrungen im Säuglingsalter, perinatal oder pränatal bestehen, die bewusst nicht abrufbar oder erinnerbar sind. Wir nützen insbesondere bei Bindungs- oder Entwicklungstraumata multisensorische Sinnesressourcen, Körperressourcen, Bindungsfiguren, -orte oder –elemente während der das Gehirn regulierenden und beruhigenden Traumafokus Sitzung. Nicht wir als Therapeutinnen sind es die Klienten heilen, es sind die Klientinnen selbst, oder besser gesagt deren Nervensystem in Gehirn und Körper, das aus einem dysregulierten Zustand in einen regulierenden Prozess gerät und sich dadurch neue Kreisläufe im Nervensystem bilden können. Diese neu gebildeten synaptischen Nervenzellgruppen nehmen die Klientinnen selbst physisch bewusst war, der Stress oder chronische Schmerz nimmt während einer jeden Sitzung kontinuierlich ab. Damit dieser Heilungsprozess anhält verwenden wir eine Nachhaltigkeitstechnik namens Entwicklungsfokus, die die Klientinnen zuhause effektiv nutzen können, um das während der Therapiesitzung neu regulierte Nervensystem auf einen neuentwickelten, beruhigten Zustand trainieren zu können - man könnte auch sagen: ein stressfreier Zustand wird neuronal neu eingeübt. Dies entspricht dem alten Paradigma von Donald Hebb aus dem Jahre 1949, welcher sagte: "cells that fire together wire together" (dt. "Zellen, die gleichzeitig feuern, erzeugen neue Netzwerke").

Was geschieht bei chronischem Stress in unserem Gehirn?

Wie wir heute aus Ergebnissen der bildgebenden, modernen Hirnforschung wissen, führt chronisch-psychischer Stress zu einem reduzierten Volumen im Gedächtnisspeicher des Hippocampus im Gehirn und zu einer Hemmung von Aktivität im präfrontalen Kortex, was zu diversen Formen von Gedächtnisstörungen führen kann. Gleichzeitig werden in der "Stresszentrale" des Hypothalamus, der Hypophyse und im "Angst-Warn-Zentrum" der Amygdala im limbischen System des Gehirns in großen Mengen Stresshormone ausgeschüttet, was zu einer Überaktivierung dieser Areale führt. Eine Dauererregung dieser Art findet man insbesondere bei Menschen mit: posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), Panikattacken, Phobien, Depressionen, chronisch-emotionalem Stress und traumatischen Erfahrungen durch sexuelle Körperverletzung in der Kindheit. Traumatisierte Menschen sind davon am stärksten betroffen. 

Therapeutische Intervention mit "Limbischer Sprache"

Mithilfe des Traumafokus Ansatzes und einer umfassenden, therapeutischen Fort- und Weiterbildung durch unser Institut für Neuropsychotherapie werden Klientinnen nicht mehr retraumatisiert, und es hält zusätzlich den indirekten Traumatisierungsgrad bei Therapeutinnen insofern gering, da wir hochgradig mit dem impliziten Gedächtnis unserer Klientinnen arbeiten und mit "limbischer Sprache" intervenieren. Dies erhöht die Wirksamkeit der therapeutischen Beziehung, weil wir die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse der "right-brain to right-brain" Interaktion von Allan Schore nutzen, der seit 1994 umfassende, wertvolle Artikel publiziert hat. 
In seinen zahlreichen Artikeln beschreibt Schore, dass die rechte Gehirnhemisphäre der Therapeutin mit der Rechten der Klientin hochgradig interagiert. Dies zeigen Hirnscans, die dies in verblüffenderweise dokumentieren. Die rechte Gehirnhemisphäre ist quasi unsere emotionale Hirnhalte, in der Prozesse des "Unbewussten" ablaufen.

Auflösung von chronischen Schmerzzuständen und Erkrankungen

Ein weiterer Meilenstein mit Schmerzfokus ist die Therapie von akutem und chronischem  Schmerz. 2013 entdeckte Weber durch einen Zufall die enorm rasche Auflösung von akutem Schmerz nach Sturz mit starker Gewebeschwellung und Bluterguss. Nach einem verblüffend raschen Abklingen der Folgesymptome studierte er die therapeutischen Möglichkeiten bei chronischen, somatischen Schmerzerkrankungen, wie: Migräne, Cluster Kopfschmerz, Fibromyalgie, chronische Schmerzen des Bewegungsapparates (Knie, Hüfte, Gelenke, Rücken) und stellte fest, dass chronische Schmerzen erst dann endgültig abklingen können, wenn die psychosozialen Ursachen von chronischem Schmerz bearbeitet werden. Mit Traumafokus haben wir einen effektiven Zugang gefunden, die unbewusste Schmerzgeschichte aufspüren zu können und dadurch die Körper-Gehirn Regulation in einer Weise zu aktivieren, dass die Schmerzmatrix (Schmerzkreislauf im Gehirn) aufgelöst wird und der Körper aufhört weh zu tun. Weil dieser Ansatz seit Jahren so vielversprechend ist, finden bereits Langzeitstudien statt, welche ausgebildete Traumafokus Schmerztherapeuten/innen an einer psychosomatischen Klinik in Deutschland durchführen. Weiterlesen ...

Kombinierbarkeit von Traumafokus mit anderen Methoden

Ziel der Methode ist eine vollständige Auflösung blockierter Erregung im Gehirn und im Körper eines Menschen. Das Traumafokus-Modell lässt sich mit gesetzlich anerkannten psychotherapeutischen Methoden gut verbinden, da es die therapeutischen Beziehung und die spezifisch-therapeutische Vorgehensweise nutzt.

Die Wurzeln von Traumafokus

Die Methoden Traumafokus® und Schmerzfokus, (engl.) Painspotting® wurden geprägt von Thomas Ch. Weber, dem Leiter des Instituts für Neuropsychotherapie, der sich jahrelang mit traumatisierten Menschen beschäftigte und 9 Jahre mit David Grand, dem Begründer von Brainspotting™ zusammenarbeitete. Grand entwickelte als damaliger EMDR Trainer von Francine Shapiro, der Begründerin von EMDR™ seine Methode aus dem EMDR heraus. Somit wird Traumafokus als eine Weiterentwicklung von EMDR und Brainspotting verstanden. Traumafokus nutzt Erkenntnisse aus: Focusing (Gendlin), Pranayama, aktueller neurobiologischer Schmerzforschung (Bushnell, Egle, Melzack & Wall, Engel, Kröner-Herwig et al.), dem hypnosystemischen Ansatz (Schmidt), , Brainspotting (Grand, Schwarz, Weisz), MBEP (Weisz), neurobiologischen Erkenntnissen von (Porges, Schore, Damasio, Hirsch, Schiepeck, Hüther, et al.)

Anwendungsbereiche von Traumafokus

Traumafokus benötigt bei Personen mit Monotraumata, die unter akuten Belastungsstörungen leiden, normalerweise ein bis zwei Sitzungen um die Symptome und deren Ursachen zu verarbeiten. Bei mehrfach belasteten Menschen (Komplextraumata) benötigt man mit Traumafokus viel mehr Sitzungen, um eine belastungsarme oder –freie Lebensführung zu erreichen.

Traumafokus findet effektive Anwendung in der Kinder- und Jugendlichen Therapie: bei präverbalen Traumatisierungen, frühkindlichen Stresserfahrungen (z.B. durch Misshandlung und die Implikationen für spätere Behandlungen), Dissoziative Störungen, ADS/ADHS,Enuresis, Enkopresis, Stottern, Depression, Drogenabhängigkeit, Angststörungen, Schulverweigern, Tics, Zwangsstörungen, bipolare Störungen, Phobien. Traumafokus mit Kindern- und Jugendlichen benötigt weniger Sitzungen, welche außerdem kürzer dauern als bei Erwachsenen.

Traumafokus lässt sich gut und erfolgreich anwenden bei:  akuten, komplexen und einfachen Traumata, posttraumatischen Belastungsstörungen, Panikattacken, generalisierter Angststörung, Depressionen, manifesten Zwangsstörungen, Suchterkrankungen, Leistungs- und Auftrittsblockaden, chronisch-psychosomatischen Erkrankungen, Bindungsstörungen, Borderline Störungen, Schlafstörungen, Essstörungen, chronischen Kopfschmerzen, Migräne, Schmerzen im Bewegungsapparat, Clusterkopfschmerz, Fibromyalgie und bei dissoziativen Störungen.

Viele psychiatrische Störungsbilder des ICD-10 und DSM-IV erweisen sich heute als Folgestörungen von Kindheits-Traumata und sind mit Traumafokus (TF) und Schmerzfokus effektiv behandelbar geworden.

Eine andere Zugangsmöglichkeit in Kombination mit Traumafokus ist die therapeutische Nutzung des Hörsinns, unser auditives Wahrnehmen. Axel Mecke entwickelte aus dem ehemalig bilateralen Hören einen vollkommen neuen Zugang zur Traumaverarbeitung, den er Audiofokus nennt.

2023 © Kopierrechte Mag. Thomas Ch. Weber